Ich laufe weiter, nur anders, verändert
Danke für die Person, die das Lied Pilgrim von Enya auf unserer FB Gruppe geteilt hat.
Und im Schreiben fühle ich das Wort „unsere“, dass ich gerade geschrieben habe. Das berührt mich sehr, denn ich fühle es so. Diese FB Gruppen haben mir so viel Halt, Information, Freude auf…, Sicherheit, Neugier, Verständnis und schließlich mir die Kraft gegeben, es wirklich zu tun! Danke noch einmal an alle, die Stillen, die lesen und liken und mit auf dem FB Camino sind und die, die mit so viel Freude, Enthusiasmus, Erkenntnissen, Bildern, Gefühl, Gnade, Demut, Dankbarkeit, übersprudelnder Camino Energie Ihre Erlebnisse schildern.
Da ist sie wieder, die Träne, die sich in beiden Augen aufbaut. Ich bin verbunden – im Hier und Jetzt. Der FB Post hat mich dazu gebracht Enya „Pilgrim“ zu suchen, um dann zu realisieren, dass es über Jahre mein Lieblingslied war und ich die CD damals sofort gekauft hatte ohne zu wissen bzw. richtig zu lauschen, was der Liedtext ist. Jetzt läuft dieses Lied in Dauerschleife und ich erkenne und fühle, dass die Wiederholung so guttut und mich wie in die körperliche Empfindung des Laufens einlädt und auf den Camino beamt. Herrlich schön! Und dann kam der Moment endlich – ich setze mich hin und schreibe.
4 Wochen bin ich jetzt wieder zurück. Der Moment, indem ich abends im Dunkeln ankam, über meine Türschwelle in meine wunderschöne Wohnung trat war super intensiv und auch nicht. Als ich beide Füße drin hatte, kam ein „War ich weg?“ das Zeitgefüge hat sich wie in Luft aufgelöst. Eine Freundin meinte ganz cool, als ich ihr das schilderte „na, ich würde mal sagen, Du bist voll im Hier und Jetzt unterwegs!“
Ich wusste gar nicht, dass Wohnungen, die 2,5 Monate leer stehen gar nicht verstauben. Macht ja Sinn, denn wir bringen ja den Staub, die Bewegung, das Leben in unseren Lebensraum. Und wenn in einem Raum Stille einkehren darf, dann bleibt die Zeit wie stehen oder die Luft füllt sich einfach mit dieser ruhenden Stille. Ich weiß, dass meine Wohnung auch zur Ruhe gekommen ist. Sie ist ihren ganz eigenen ruhenden Pilgerweg gegangen und hat mich freier wieder empfangen. Hat sie doch auch so viel aushalten und halten müssen als Schutz- und Lebensraum.
Heute hat mein Sohn Geburtstag, er schläft noch, denn er geht momentan seinen eigenen Pilgerweg in einem kleinen Städtchen in Kansas/USA. Meine Tochter verbringt ihr Auslandsstudium in Bali gerade und hatte 2 Tage nach meiner Rückkehr Geburtstag.
Es ist das erste Jahr, indem ich keine heimliche Geburtstagsdeko in der Wohnung verteile und keinen Kuchen backe, die Kerzen auf dem Tisch und Kuchen anzünde. Dort wo beide sind, wurden/werden sie so verwöhnt und getragen und gefeiert und es berührt mich tief in meinem Herzen, dass wir alle drei ganz selbstwirksam diese Reisen gewählt haben. Ich höre die ganze Zeit „Du hast Dich voll verändert!“ „Du strahlst noch mehr!“ „Buah, du hast ganz schön abgenommen!“
Die Stille wird hier noch bis Ende Mai sein in meiner Wohnung, ich darf mich in dieser Zeit einladen mich ein Stück ent-koppelt als „Mutter von“ weiter im Hier und Jetzt auf einen Pilgerweg begeben, als Frau, Freundin und Selbständige zu entfalten und zu fühlen und aus der Stille zu schöpfen. Der Pilgerweg zu Hause fordert mich vor allen Dingen auf meine eingeschlossene Emotion „kreative Unsicherheit“ zu umarmen und mich auf den Weg der Sichtbarkeit zu machen: Als Frau und in meinem Business.
Und ich erkenne bzw. erlebe mich wie auf dem Camino: Entschleunigt, atmend, innehaltend, in alle Richtungen blickend, um Hilfe bittend, herzverbunden mit mir und der Umgebung, hineinspürend, klare Sicht und Weite immer wieder einladen, voller Vertrauen und entschleunigt.
Ist es nicht interessant wie leicht es uns fällt die Frage „Und, was macht der Körperschmerz?“ Und, was hat sich verändert?“ zu stellen, wenn wir wissen, da ist jetzt jemand in soundso viel Zeit soundso viel Kilometer auf einem Camino gelaufen und hat ja was nach Außen ersichtlich geleistet, weil es so greifbar ist in diesem Moment.
Ja, und da sind die nicht-greifbaren oder nach außen sichtbaren vielen Schritte, die wir nach Trauma, Erschütterung, Verlust eines Menschen, Krankheit, Trennung für uns „geleistet“ haben.
Was sich verändert hat, weil ich die inneren vielen Herzensschritte auch noch nach außen in Fußschritte auf dem Camino über so eine lange Zeit gebracht habe?
- Wenn ich 3 Tage kaum Bewegung habe, weil ich so viele Termine, Verpflichtungen hatte, dann MUSS ich raus in die Natur einen sehr langen Spaziergang machen
- Es fällt mir jetzt so leicht allein aus dem Haus zu gehen, um zu spazieren
-Mein Herz Raum ist noch weiter, weil ich mir den Raum gegeben habe
- Der Mut (=Fort-schritt), den ersten Schritt in etwas Neues zu machen ist mindestens genauso groß, wenn nicht sogar größer als das Zögern (Rück-schritt/zug)
- Ich sitze morgens an einer anderen Stelle in meiner Wohnung, um den ersten Kaffee zu trinken
- Ich gehe ganz oft 2 km, um mit Rucksack einzukaufen, wo ich früher das Auto genommen habe
- Ich lache noch mehr und traue mich viel mehr als Singelfrau wegzugehen
- Kurztrips und der Besuch von Freunden stehen auf der Agenda
- der Abdruck der Sonne an meinen Beinen wird weniger, es sieht nicht mehr ganz so witzig aus
Meine körperlichen Schmerzen sind heftig, die Anstrengung des Laufens hat sich nach 3 Wochen gezeigt. Für mich hat es sich plötzlich angefühlt, als ob mein Körper mir ein Spiegel vorhält und mir in aller Tiefe offenbart, indem er körperlichen „Nachwehen-Schmerz“ schickt, was ich in meiner Camino Zeit sowohl körperlich, aber vor allen Dingen Trauma sensibel, auf Herzensebene erlaufen – durchlaufen – weggelaufen habe.
75 Menschenseelen habe mich auf meinem Weg in einer WhatsApp-Gruppe begleitet. Alle haben für sich die Entscheidung getroffen durch den Link mit dabei zu sein. Eigentlich wollte ich nur ab und zu mal ein Foto an die an Camino-Interessierten schicken oder mal ein Erlebnis. Ja, auch diese Gruppe war ein absoluter Pilgerweg. Es hat sich aus dem Hier und Jetzt irgendwie ergeben, dass ich jeden Tag ein Video geteilt habe, Insights, Erlebnisse, meine Prozesse, meine Struggles. Es war ein Teilen voller Emotionen, ich habe mich blank gemacht, authentisch geteilt, nichts versteckt, oder verschönert, mich hässlich, fertig, verschwitzt gezeigt, Tränen geweint bzw. erlaubt, die beim Teilen plötzlich kamen, nicht gestoppt, sondern dringeblieben. Aber auch die Abenteuer, die Freude, die Ekstase, die Veränderung, die Weite, die Herzverbundenheit, die Veränderung, die Schönheit des Caminos, meines Prozesses geteilt.
Eine Freundin meinte danach zu mir, dass das so mutig gewesen sei, wie ich mich offenbart habe und dass sie es nicht könnte. Ich glaube, für mich wurde der Raum sicher, weil sich jeder dazu entschlossen hat, dabei zu sein und ich dadurch mein „Du bist zu viel“ „Du mit Deiner Hochsensibilität“ „Deine Stimme ist piepsig“ wie eingeladen habe zu überwinden und mich darin geübt habe mich zu zeigen. Es war irgendwie ein Selbstläufer, nicht geplant, hat sich einfach entfaltet.
So, wie mein Camino. Schritt für Schritt. Fühlen, was sich als nächstes richtig anfühlt und entsprechend handeln, aus einem tiefen Vertrauen heraus.
Durch die vielen privaten Nachrichten und auch die in der Gruppe durfte ich in aller Fülle fühlen und erkennen, was für ein Heilungs- und Ent-wicklungs-feld individuell entstehen darf „nur“ durch ein authentisches, ehrliches Teilen, sich sichtbar machen.
„Wahre Liebe ist die uneigennützige Aufgabe, Raum zu schaffen, damit der andere sein kann, wer er ist.“ (Jorge Bucay argentinischer Psychotherapeut und Autor 1949)
„Ein Raum lebt durch seine Begegnungen, die in ihm stattfinden dürfen"
Der Raum Jakobsweg und seine Begegnungen – wenn es Euch ruft – geht los, es lohnt sich 😊