Ich weiß nicht, wie oft ich meine Begegnung mit Hape Kerkeling vor 18 Jahren auf der Frankfurter Buchmesse schon erzählt habe.
Sie ist für mich so richtig authentisch witzig „Hape“ und hat mich wirklich schon so oft zum Lachen gebracht.
Er hatte damals sein Buch „Ich bin dann mal weg: Meine Reise auf dem Jakobsweg“ vorgestellt. Es muss glaube ich in 2006 gewesen sein. Die Vorstellung war im Konferenzsaal in der Ebene 4.2 direkt neben unserem Messe Management Büro. Ich arbeitete damals als Projektmanagerin bei der Frankfurter Buchmesse. Jedenfalls gibt es einen „Geheimgang“ – ein wenig versteckt, dort gibt es verschiedene Räume, Toiletten. Wir vom Messe Management haben entsprechend immer diese Toilette benutzt, um einmal kurz durchzuatmen und auch nicht warten zu müssen.
Jap, und ich gehe also auf diese Toilette, mache die Tür auf…
Und da steht Hape Kerkeling, der sich gerade umziehen/vorbereiten wollte für seine Buchvorstellung im Konferenzraum nebenan.
Ich „Ach Du lieber Gott!“ )
Hape „Neee, Hape, Hape Kerkeling junge Dame! Angenehm.“ (obwohl ich jetzt nicht so viel jünger bin
Ich „Na, das ist ja ein Ding! Wenn Sie unsere Toilette jetzt okkupieren, möchte ich aber ein Autogramm von Ihnen Herr Kerkeling!“ (ich fand mich im Nachhinein echt frech )
Hape „Wo muss ich denn da hin? Ich komme nach der Vorstellung gerne zu Ihnen!“
Ja, und dann kam er tatsächlich mit einem Stapel Autogrammkarten in unser Büro „Wo ist die blonde junge Dame, die ein Autogramm von mir verlangt, weil ich Eure Toilette hier besetzt hatte?“ Meine Kolleginnen waren wie ich ganz angetan von seiner natürlich, liebevollen und schlagfertigen Art. (Die Autogrammkarte habe ich beim Umzug so gut irgendwo hingelegt, dass ich sie nicht mehr finde.)
Am 22.8. fliege ich mit Selma, eine wundervolle Seele von Mitpilgerin (die für mich für meine Reise schon das größte Geschenk ist!) von Frankfurt nach Madrid, wir nehmen von dort einen Bus nach Burgos und übernachten 2 Tage in einem Doppelzimmer und geben uns Zeit zum Ankommen. Am 24.8.24 morgens geht es ab Burgos los auf dem Camino Frances mit Sven Kaven und noch einem weiteren Mitpilgerer zusammen bis Leon Richtung Santiago de Compostella.
Sven ist Fotograf, ich habe ihn vor 2,5 Jahre kontaktiert, da ich Fotos von mir machen lassen wollte. Damals hatte ich mich für KAE mit dem Projekt 40 Frauen über 40 entschieden, da es sich stimmiger angefühlt hatte von einer Frau fotografiert zu werden und Teil dieses Projektes zu sein. Doch habe ich irgendwie gefühlt, dass sich mein Weg mit Sven noch mal kreuzen würde – ja, da war es mein intuitives Bauchgefühl.
Als klar war, dass unser Sohn tatsächlich ein Highschooljahr in den USA machen würde, habe ich heimlich die ersten 3 Wochen geweint. Es war ein Weinen der Leichtigkeit, der Annahme, meines Mutes, des Fühlens. des: „ok, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen! Ich mache es!“ Der Camino ruft mich schon sehr sehr lange. Es war, als ob ich mein zukünftiges Ich, die sich laufend auf dem Camino spürt und sieht schlagartig im Feld hatte und in jeder Zelle meines Seins fühlen konnte und was der Mensch Alexandra mit dieser Reise alles im Gepäck hat.
Ab diesen Zeitpunkt des inneren „Ja zum Camino“ sind meine Füße auf dem Weg. Ich kann das gar nicht in Worte fassen. In einem wirklich erschöpften Moment habe ich mit meinem Vater morgens in der Meditation gesprochen „Papa, ich brauche irgendwie Hilfe, bin gerade wirklich verloren und weiß nicht genau, wie ich mit dem Camino anfange, schaffe ich das?, mir geht Arsch auf Grundeis….“ Ja, und keine 5 Stunden später sehe ich einen Post von Sven https://wewalknow.com/ Beginn am 24. August.
Mein Vater wäre am 24.8.24 81 Jahre alt geworden. Ich habe nur Danke nach oben gesagt und es als Zeichen gefühlt, ok, dann beginne ich auf der anderen Seite. Eigentlich wollte ich den del Norte von Porto hochlaufen. Jetzt beginne ich mit 3 Menschen in Burgos und laufe ab Leon alleine weiter. Mein Wunsch ist nach Ankunft in Santiago dann nach Muxia, Fisterre und dann runter den del Norte bis nach Porto zu laufen.
Es rief mich die ganze Zeit zur Stadt Porto irgendwie sehr stark. Keine 3 Wochen später habe ich erfahren/realisiert, dass meine Vorfahren mütterlicherseits nach Porto ausgewandert sind und die erste Vorfahrin, die dort geboren wurde, sie heißt Ida, am Geburtstag meines Sohnes Geburtstag hat. Mein Lehrer Colin Bates würde jetzt sagen „isn’t that wonderful? Isn’t that magic?“
Die Magie des Caminos ist mit mir seit der Anmeldung bei Sven in jeglicher Hinsicht! Ich bin „All-in“, wenn ich mich für etwas entscheide. Es fühlt sich an wie meine eigene nächste große Familienaufstellung mit allen Facetten, die da hochkommen und transformiert, erkannt, integriert, gefühlt, abgelöst, ent-koppelt und eingeladen werden möchten.
Holy Shit! Kann ich nur sagen….
Es ist das Mutigste, was ich je in meinem Leben gemacht habe, es fühlt sich jedenfalls so an Ich muss laufen und ich werde wissen, wann ich aufhören möchte. Ein offenes Ende, nicht wissen, wo ich in der nächsten Nacht übernachten werde, einfach SEIN und meinem Körper die Möglichkeit geben, inmitten der Natur in die Muskelkraft und Erdung und Kräftigung zu kommen.
Mein Business, das gerade jetzt wirklich gut läuft, ruhen zu lassen. Im Vertrauen zu bleiben, dass es nach meiner Rückkehr gut weitergehen wird. Ich habe meinen Oldtimer, meine Ente, verkauft, was ich letztes Jahr noch für komplett unmöglich gehalten hätte, dass dies einmal geschieht. Dieses Geld nehme ich, um mich auf meinen Weg zu begeben. Der Käufer hat einen großen Traum, einmal den Camino zu gehen und unser Gespräch als Zeichen genommen.
Loslassen, das habe ich müssen – dürfen – können, in den letzten Jahren, besonders noch einmal die letzten Monate.
Ein Bild begleitet mich seitdem. Ich habe immer davon gesprochen, dass ich ein neues Lebens-Puzzle nach der Offenbarung meines Ex-Mannes puzzlen musste, denn alles fühlt sich für mich an wie eine Lüge. Im letzten Jahr ist etwas geschehen, dass so erschütternd war und mich in eine komplette Re-Traumatisierung katapultiert hat und mein Körper fast noch schlimmer reagiert hatte.
Es hat sich für mich angefühlt, als ob jemand einen Kracher unter dieses gerade wieder mit viel Achtsamkeit, Fokus, Mitgefühl und Zeit zusammengefügte Puzzle gelegt hat, dieses explodiert ist und die einzelnen Puzzleteile in der Luft komplett verteilt wurden und dabei in der Luft erstarrt und hängengeblieben sind. Vor einigen Wochen kam mir die Erkenntnis, dass ich ja auf Teufel komm raus nicht versuchen muss alle Puzzleteile wieder nach unten zu holen, um das alte-neue Puzzle wieder ganz zu machen, zusammenzufügen. Stück für Stück habe ich einzelne Puzzleteile wieder herunterholen können. Die Lücken, die das Puzzle jetzt aufweist, bleiben so für einen Moment und werden mit den alten oder neuen Teilen gefüllt oder bleiben leer und neue Puzzleteile dürfen kommen. Alles zu seiner Zeit.
Ich wünsche mir, dass ich die Alexandra, die so viel Verrat, Lüge und Betrug und Unehrlichkeit erfahren musste auf dem Weg an der Hand habe und der körperliche Schmerz und die Symptome die damit einhergehen, sich beruhigen können und vielleicht sogar ganz weg gelaufen werden ohne dabei von ihnen wegzulaufen.
Ich lade die Alexandra ein noch mehr in sich zu landen, die heute im Hier und Jetzt ganz ihrer Intuition folgt und in ihrem Gefühl der eigenen Sicherheit im Körper angekommen ist. Schritt für Schritt gehe ich, finde mein Tempo, verschmelze mit der Natur, erlaube mir Pausen zu machen, innezuhalten, ein Taxi zu nehmen, wenn es nicht mehr geht.
Buen Camino