Sytemisches Coaching III - Eine ertrunkene Seele erhält ihren Platz

Alexandra Brand • 21. November 2022

Eine ertrunkene Seele findet ihren Platz im System - unterdrücktes Trauma darf sich zeigen

Mit Erlaubnis der Kundin möchte ich gerne anhand eines Einzelcoachings beschreiben, was möglich ist zu erkennen bzw. in unser Bewusstsein/Feld zurückzuholen. Die Kundin hat vor einiger Zeit ganz bewusst die Entscheidung getroffen an sich zu arbeiten. Der Drang dies zu tun kam vor allen Dingen mit Ihrer Hochzeit mit einem sehr liebevollen Mann und dem Wunsch selbst einmal Mutter zu werden. Sie berichtete, dass es Verhaltensweisen an ihr gibt, die sie nicht mag. Narzisstische Züge, Rollen, die sie einnimmt und sich dabei eigentlich gar nicht mehr sich selbst fühlt, teilweise zu viel Alkohol trinkt, beschuldigt und gaslightet, das Opfer spielt, neidisch ist und sehr oft einfach den Wunsch zu haben, im Mittelpunkt zu stehen und die impulsiven Wutausbrüche bzw. Emotionsentladungen. Dies allerdings nur im privaten Umfeld, nicht im beruflichen.

 

Wir haben vor einigen Monaten zu allererst einmal ein Flipchart gefüllt während wir erstmals hineingespürt und gesprochen haben – eine Kombination aus einem Genogramm, indem quasi ihr Familienbaum abgebildet wird und Vorfälle, Ereignisse, Besonderheiten, Gedankengänge, Gefühle, Symptome an den „Baum“ und rundherum notiert werden! Das Flipchart war am Ende ein wirklich vollgefülltes großes Blatt gespickt mit so viel Informationen, Farben, Pfeilen, Pünktchen, Verbindungslinien, Umkreisungen und Umrandungen, großen und kleinen Wörtern, wie es beim Lauschen aufs Blatt übertragen wurde. Als wir gemeinsam darauf blickten, galt es zunächst einmal durchzuatmen und es ohne Bewertung und Beurteilung wirken zu lassen. Das ist gar nicht so einfach, da das Kopfkino oder der Mindfuck in uns Menschen doch recht schnell lostritt.

 „Viel“ war im Feld „Intensiv“, „etwas nicht Greifbares“ , „Wackeliges“, „Vernebeltes“, beim Blick auf das Flipchart.



Meine nächste Frage ist dann meistens „Was auf dem Flipchart zieht denn in diesem Moment jetzt Deine größte Aufmerksamkeit?“ Die Kundin konnte es sofort beantworten und das ist dann der nächste Schritt, indem wir genau mit dieser Thematik, Symptom oder

Person systemisch eintauchen, die sich an diesem Tag dann aktiv, präsent anfühlt bzw. zeigt.

 

So hangelten wir uns von Termin zu Termin durch die verschiedenen Prozesse, Thematiken durch. Die Kundin geht seither von einem Aha-Effekt zum nächsten, wie sie es selbst ausdrückt, empfindet teilweise die Offenbarungen und Erkenntnisse so, als ob sich etwas in

ihrem Hirn und Körper auf Zellebene verändert. Die Beziehung, die Verbindung mit ihrem Ehemann verändert sich, die Kommunikation wird offener, gewaltfreier, sachlicher. Dies sind oft die Worte meiner Kunden. Es gilt dies natürlich auch sacken zu lassen, sich Zeit zu nehmen, nicht davon auszugehen, dass es jetzt – nur weil etwas in unser Bewusstsein Einzug genommen hat – von heute auf morgen alles rund läuft, anders ist und immer so bleibt. Üben, endschleunigen, innehalten, atmen, das Mitgefühl und die Klarheit immer wieder einladen hilft hier sehr. Und der Wille! Der ist wichtig! Wenn wir unseren Willen, etwas in uns verändern zu wollen nicht ganz mit an Bord nehmen, dann stecken wir oftmals doch wieder unbewusst oder bewusst im Opferdasein, in der Projektion, Illusion, im Ego fest.

Meine Aufgabe als Coach ist hier auch zwischen den Terminen zur Verfügung zu stehen für Hilfestellung, Impulse, kurze Feedbacks, Erkenntnisausschüttungen, Abschieds- und Trauerprozesse, die damit einhergehen und natürlich in Momenten, in denen das Überbordende überhand zu nehmen scheint. Ich erlebe mich dann als die Raumhalterin für das was sich dann gerade befreit, loslösen und heilen möchte.

 

Eine Thematik, die bei unserem letzten Termin am deutlichsten herausstach war „das fette Grinsen“, das „Ego“. Meine Kundin beschrieb, dass sie quasi oftmals ein richtig unkontrolliertes fettes Grinsen verspürt und auch nichts dagegen unternehmen kann in diesem Moment – dies jedoch auch einhergeht mit dem Gefühl, dass es nicht zu ihr gehört und ihr das auch unangenehm ist. Das „fette Grinsen zeigte sich auch zuvor schon mehrmals deutlich während unseres Coachings an eigentlich „sehr unangebrachten“ Stellen/Momenten. Durch meine Erfahrungen als systemischer und Trauma-Coach und in der CranioSacralen Körperarbeit weiß ich, dass derartige Mimik, Symptome auch ein körperliches Ausagieren von einem Ereignis, etwas Gehaltenem, Verdecktem, quasi noch nicht Gewürdigtem im Feld einer Person sein kann. Auf Nachfragen, was denn gerade in Ihrem Körper geschieht, da ich ein fettes Grinsen wahrnahm bei meiner Kundin, konnte sie nichts sagen – es kam ein Zustand wie „blank“ dann immer augenblicklich sichtbar und fühlbar zum Vorschein. Was sie ganz klar sagen konnte, dass es einhergeht mit einem oftmals Gefühl von Überlegenheit, Arroganz, Gefühllosigkeit, Gleichgültigkeit und Taubheit.

Wann immer ich sie darauf ansprach, kam Übelkeit augenblicklich mit an Bord. Wo ist das Fulcrum hierfür?

 

Wir haben also das „Ego“ und das „fette Grinsen“ in Form einer Symptomaufstellung im Einzelcoaching durch Bodenanker ins Feld gebracht.

Es war von Anfang an so viel Übelkeit, Schwanken mit im Feld. Sowohl meine Kundin, als auch ich in der Vertretung hatten das Gefühl gleich brechen zu müssen (hier ist angemerkt, dass meine Kunden panische Angst vorm Erbrechen hat).

 

Im Grunde kann der erste Teil der Aufstellung so wiedergegeben werden, dass sich ein anstrengender Kampf um die Macht und Kontrolle zeigte. Narzissmus, Überschätzung, das Ego war so groß. Die Kundin fühlte alles im Griff zu haben, bis der Satz aus der Vertretung des Egos fiel „Du meinst, Du hast die Überhand und bist so mit Deinem Ego beschäftigt, dass Du gar nicht merkst, dass ich Dich so im Griff habe und Dich lenke und kontrolliere, besonders wenn Du in Deinem fetten Grinsen festhängst!“

 

Es kam plötzlich eine andere Dynamik mit rein, das fette Grinsen wich aus dem Gesicht der Kundin, Panik und Angst machte sich breit. Halt wurde an der Wand gesucht, ein unerträgliches Gefühl kam hoch, bedrückend, beklemmend.

Ich habe einen Bodenanker mit der Aufschrift „Der/Die/Das, um was es geht“ mit ins Feld geholt. D.h. es kann ein Mann, eine Frau oder ein Ereignis sein. Kaum auf dem Zettel getreten, hatte ich das Gefühl ich bin auf einem schwankenden Schiff und mir drehte sich alles im Rausch und ich bekam einen Fokus auf die blaue Wasserflasche, die auf dem Tisch stand und musste diese in die Mitte des Raumes stellen. Die Kundin erinnerte mich daran, dass der Vater ihrer Mutter unter Alkoholeinfluss ertrunken sei. Ausgesprochen sagte mein ganzer Körper, dass es gerade um diesen Menschen geht.

 

Und dann geschieht oftmals etwas mit mir als Coach, dass ich wie Bilder oder Wörter vor mein Auge erhalte oder Sätze oder intensive Gefühle wahrnehme, die aus einem ganz tiefen, sehr verborgenen Feld herausrufen – anders kann ich es nicht beschreiben, ich denke, es ist die Schamanin in mir, die bisher jeder Lehrer den ich hatte, in mir gesehen hat, ich aber keine explizite schamanische Ausbildung besitze. In der Vertretung dieses Mannes kam immer wieder „ich bin Vater von einem Sohn… mein Sohn…“ Die Kundin meinte jedoch, dass es nur ihre Mutter und eine Schwester gibt. „Bist Du Dir sicher? Hier kommt immer wieder ein Junge im Gefühl dieses Mannes…?“ Und plötzlich, nach einer Weile, hält die Kundin inne, reißt die Augen auf und meinte „Oh mein Gott, meine Mutter hatte ja einen größeren Bruder, der ist mit 2,5 Jahren im Fluss ertrunken, darüber wurde nie in unserer Familie gesprochen, der steht ja gar nicht im Genogramm, das wir erstellt haben, den habe ich total vergessen…!“

Uns durchschauerte es beide über den gesamten Körper als sie dies aussprach und ich switchte automatisch in Vertretung dieses kläglich ertrunkenen kleinen Jungen. Ich fühlte augenblicklich, dass ich in Vertretung jetzt gleich den Todeskampf dieses Onkels/Jungen durchleben werde vor meiner Kundin, um genau das ins Feld zu bringen, was bei ihr als Mensch zu toxischen, narzisstischen Zügen führte.

Warum ist das so? Meine Kundin hat mit dem Wunsch im Mittelpunkt zu stehen, ihrem Wesen sich über andere zu stellen, überlegen zu fühlen, ihre panische Angst vorm Erbrechen oder wackeligen Böden und und und… den verstorbenen Bruder ihrer Mutter gewürdigt, einen Platz gegeben. Das in der Familie nicht Verarbeitete, das große Trauma über das nicht gesprochen wurde aber wirkte, quasi durch Ihr toxisches Verhalten sichtbar im System gemacht.

 

Der Todeskampf war massiv, den der kleine Junge durchleben musste beim Ertrinken.

Wir haben diesem Onkel und dem heftigen Todeskampf einen Platz gegeben. Indem wir ihn sichtbar machen, ihn würdigen kann etwas heilen, kann sich das Feld der Kundin beruhigen. Im Fall meiner Kundin war es die Dynamik rund um das fette Grinsen und das Ego.

 

Wichtig sei zu erwähnen, dass der Junge dann seinen Platz zwischen der Mama meiner Kundin und der großen Schwester bekam. Und aus dieser beruhigte klaren richtigen Position heraus der Junge/Onkel ganz klar offenbarte, dass er mit einem riesen Ego geboren wurde und er dachte, dass er alles im Griff hat und als 2,5 Jähriger keine Grenzen gespürt hat und einfach ins Wasser gegangen ist mit dem Gefühl „ich kann schwimmen“.

Es kam im nächsten Schritt aus der Vertretung des Jungen/Onkels ein großes Danke, dass Du mich sichtbar gemacht hast an meine Kundin.

 

Der Vater dieses ertrunkenen Jungen ist 20 Jahre später seinem Sohn gefolgt und ertrunken, so massiv war es im Feld dieser Familie, dass es zu einem weiteren Tod geführt hat und der Vater seinem Sohn folgen musste. Meine Kundin offenbarte während unseres Coachings zum ersten Mal in aller Ehrlichkeit zu sich selbst, dass sie als junge Frau in der Schulzeit bewusst und gewollt in Aktionen den Tod herausgefordert hatte, weil sie die Aufmerksamkeit der Menschen  und im Mittelpunkt stehen wollte zu dem damaligen Zeitpunkt. Sie hatte jedoch beinahe die Kontrolle verloren! Bei ihr ist es noch mal gut gegangen, aber sie trug das große Trauma der Familie in ihrem System weiter und hatte seit dieser Zeit Ängste entwickelt, die sie bis heute quälen.

 

Es darf sich jetzt beruhigen, es gilt wann immer das fette unangebrachte Grinsen oder das extreme Ego sich im Alltag zeigt, ganz bewusst innezuhalten und dem Onkel an seinem Platz zu sehen und bewusst den Ursprung hier zu verankern und zu würdigen. Es braucht Übung und Mitgefühl und Geduld sich selbst und dem Familiensystem gegenüber.

 

Die Kundin durchbricht seither ihre narzisstischen, toxischen und ich-bezogenen extremen Verhaltensweisen insbesondere innerhalb ihrer Partnerschaft und erlebt intensive Verbundenheit zu sich selbst und ihren Liebsten. Alkohol möchte sie gerade nicht mehr trinken.

 

Zum Schluss durfte Sie aus meiner Steine-Schatzkiste einen „Anker-Stein“ für ihren Onkel aussuchen. Der Stein, der aussah wie Wellen im Ozean wurde es. Der hat nun einen wundervollen Platz in Ihrem Zuhause gefunden und hilft in der nächsten Zeit innezuhalten, zu würdigen.

 

Platt, aber herrlich erleichtert und dankbar sind wir beide nach diesem Coaching auseinander gegangen.


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KAE SCHUCH – 40 Frauen über 40! Sich sichtbar machen…. Mich ganz zu zeigen…. …. Und dadurch wie eine Anschlussnahme an ein Feld der Neufindung, der Stabilisierung, der Klärung und Kräftigung…. … aus meiner Komfortzone treten vor die Kamera…. … ein Abschluss oder eher eine Integration dessen was war, ein zur Ruhe kommen … … am 24.8.2021 ganz bewusst das Fotoshooting Datum gewählt und mich bewusst eingeladen von da an Schritt für Schritt als 50jährige Frau in meine 2. Lebenshälfte einzutreten. „ Wenn die Zwischenräume wegfallen und die Authentizität zum Vorschein kommt, das berührt und schafft einen Raum der heilsamen Begegnungen.“ Das hat KAE in dieser Zeit bereitet, einen sicheren Raum, in dem ich mich ganz zeigen konnte und wir beide durften uns an diesem Tag in unserer Ganzheit begegnen. KAE hatte zu Anfang schon sehr schnell gemerkt, dass ich den Augenkontakt brauche, um mich fallen lassen zu können, um mich sicher zu fühlen und positionierte entsprechend die Kamera direkt neben ihrem Gesicht und bot mir somit ihre Augen an, um in Verbindung zu sein und so einen freien Zwischenraum der Begegnung zwischen uns zu anzubieten. Oh, da kam ein Schamgefühl hoch als der Zwischenraum frei war und KAEs schöne Augen auf mir ruhten, viel Lachen und Natürlichkeit kam aus mir herausgesprudelt und die Reise konnte beginnen, hatte KAE mit ihrer achtsamen Art und Weise ganz sanft mich in ihren sicheren, vertrauenswürdigen Raum eingeladen, der dann auch zu meinem sicheren Raum wurde. Es war spannend, wie es mir ging, als ich die ersten Fotos angeschaut hatte… „nee, das bin nicht ich!“ „hier stimmt was nicht…“ „ich erkenne mich auf den Fotos nicht wieder!“ Es war die viele Schminke in meinem Gesicht, denn bei einem Fotoshooting soll man ja mehr Schminken, denn am Ende wirkt es nicht übergeschminkt auf den Fotos …. Wir haben die Schminke wieder abgewischt! Für mich fühlte es sich innerlich an wie „ich brauche auch keine Maske aufzusetzen … ich bin so wie ich bin… ungeschminkt… blank… roh, pur, einfach nur sein… - so will ich mich natürlich auf den Fotos zeigen.“ „Und darum geht es bei meiner Arbeit - ich helfe den Menschen sich ungeschminkt, ohne Zwischenraum selbst zu begegnen und in den Spiegel zu schauen, mit sich selbst in Verbindung zu gehen und dabei an die eigene Ressource, die eigene Kraft, die eigene Klarheit im Weitergehen Anschluss zu nehmen.“ …und dies durfte ich bei KAE an diesem Tag mit dem Fotoshooting „40 Frauen über 40“. In dem Eingangsvideo zum Projekt sage ich, dass wahrscheinlich ab einem bestimmten Zeitpunkt die verletzliche Alexandra zum Vorschein kommen wird, die Frau, die sich bis auf die Knochen häuten musste und tief traumatisiert ist. Es gab eine Zeit, in der ich ohne eine bestimmte Mütze auf dem Kopf nicht mehr meinen Körper spüren konnte, weil alles zu viel war – das Trauma und das was alltäglich damit einherging zu groß war in diesem Moment. Diese Mütze war ein Anker, um im Hier und Jetzt zu bleiben, wie eine Schutzhaube in alldem Chaos, eine Hülle, die mich zusammenhielt, eine Grenze/Begrenzung, dass ich mich nicht auflöste. Ich bin mir ihr schlafen gegangen. In meinem tiefsten Tiefpunkt, in den 2,5 Tagen, wo ich körperlich total zusammengebrochen bin und noch nicht einmal mehr laufen konnte, war diese tannengrüne Wollmütze mein einziger Halt wenn ich alleine war. Oft habe ich mit den Händen nach ihr gegriffen, um zu spüren, ob sie denn noch da ist. Ich hatte den Wunsch auch ein tolles Foto mit der Mütze zu machen, wie als Dankeschön und Wertschätzung an sie. Wir waren im Grunde fertig mit dem Shooting: Pullibilder, Meditations-/Tanzbilder, weibliche Federbilder. Das Bild, in dem ich meine Füße anfasse, ist die letzte Position gewesen…. „…ah, wir wollten doch noch ein Bild mit der Mütze machen…!“ Ich bleibe sitzen, die Praktikantin holt die Mütze, ich setze die Mütze auf und BÄHM… in sekundenschnelle wurde ich in den traumatisierenden, erschütternden, Gefühlszustand der vorangegangenen 20 Monate hineingesogen. Es ist einfach passiert. Es war nicht geplant. KAE meinte nur „soll ich draufhalten?“ und ich konnte „Ja“ sagen, weil ich mich mit ihr sicher fühlte. KAE hat diese Fotoreihe daraus gemacht und wann immer ich die Fotos sehe, bin ich tief mit mir verbunden, mit meiner Stärke, meinem Sein, meine Authentizität, meiner Ehrlichkeit. KAE hat mir zum Schutz – das war ihr tiefstes Bedürfnis als Fotografin als sie mich so erlebte – einen naturfarbenen Tüll oben um den schwarzen Overall gebunden. Ich kann nicht in Worte fassen, was das mit mir als Frau gemacht hat. Ich habe mich in diesem Moment von KAE so beschützt und eingehüllt und gesehen gefühlt und die Qualität der ehrlichen, unterstützenden „Sisterhood“ einfach nur genossen. Es liegen keine 3 Minuten zwischen den tollen weiblichen Powerfotos und dieser Fotoreihe! Das hat KAE mit ihrem Projekt vielen wundervollen Frauen eröffnet. Und plötzlich wurde daraus ein Herzensprojekt mit Vernissage, Buch, eigener Facebook-Gruppe. Wir Frauen haben unsere ganz persönliche Heldinnenreise durch die Bilder gewürdigt, haben uns sichtbar gemacht, uns Wertschätzung gegeben. Wir alle hatten wie einen Sog zu diesem Projekt „40 Frauen über 40“ an einem bestimmten Punkt gefühlt und sind uns selbst, dem Frausein, der Gemeinschaft des Projekts näher gekommen. In der letzten Zeit höre ich oft von meinen Kunden – ob jung oder alt, Mann oder Frau – „ich bin so dankbar, dass ich bei dir hier den Raum habe mich ganz zu zeigen“, „ich kann nur bei dir so offen und ehrlich mich zeigen“, „es tut so gut den Raum zu haben, um meine Gefühle zu spüren und zu zeigen“. Eine der am häufigsten übersehenen spirituellen Praktiken ist es, sich zu trauen, absolut ehrlich in jeder Begegnung zu sein. Einige mögen sagen, andere könnten mit ihrer Ehrlichkeit nicht umgehen, aber wahre Ehrlichkeit ist keine Strategie oder irgendeine Waffe. Es ist die Bereitschaft, offen und absolut transparent mitzuteilen, wie sich jeder Moment in deinem Herzen anfühlt. Es hat nichts mit Konfrontation, Anklage oder irgendeiner Form von Schuldzuweisung zu tun. Wahre Ehrlichkeit ist die Bereitschaft, sich völlig bloßzustellen und der Welt zu erlauben, zu tun und zu sagen, was sie will, nur so wirst Du wissen, wer Du bist – jenseits aller Vorstellungen. Ich lade Euch ein, Begegnung ohne Zwischenräume und ohne Maske zu leben. Euch verletzlich zu zeigen. Es bringt Klarheit, so viel Kraft, innere Ruhe – für mich ist es ein Eintauchen in die Gnade, die Demut und das Mitgefühl – wir fühlen über die Herzen, sind verbunden, ein ehrliches Sein und Miteinander. Hier der Link zum Projekt: https://kaeschuch.de/blog/2022/04/01/das-40-ueber-40-projekt-kunstprojekt-fotografie-ausstellung-kunstbuch-bildband/ DANKE KAE!
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