Tod, Emotionen, das Ego und die Liebe …Im Folgenden werde ich einige persönlichen Dinge erzählen, weil das, was ich zu schildern habe für mich ganz deutlich zeigt, was Emotionen, die nicht aufgelöst wurden, im Körper alles verursachen können.
Am 5. Juni 2019 habe ich nach einer wundervollen CranioSacral Behandlung, 8 Anrufe von meinem Bruder auf dem AB vorgefunden und im Grunde schon geahnt, was der Grund ist.
Mein Vater ist gestorben als ich am Morgen zur Vorbereitung für eine Behandlung in Meditation still in meinem Behandlungsraum saß.
Die Trauer habe ich augenblicklich herausgeschrien, noch am Telefon, mein Bruder hat den Satz noch nicht beendet und es ging schon los. Einfach nur geschrien, der Körper hat sich geschüttelt, ich habe mich an Holz festgehalten und geschluchzt und geweint. Mein Bruder hat sich gesorgt und meinen Mann angerufen, der mich dann auch so vorfand in der Küche, aber im Vertrauen sein konnte, dass ich bei diesem Prozess ganz klar war. Ich bin CranioSacralHealing Therapeuthin und wenn ich eins in meiner Ausbildung gelernt habe, ist loszulassen ohne dabei Angst zu haben. Ich weiss, wenn ich nicht geschrien hätte, wäre der Trauerprozess noch viel schlimmer und länger gewesen. Es war die Art, wie mein Körper damit umgehen wollte, so dass ich nicht überrollt werde von den ganzen Emotionen, die damit einhergehen, wenn der Vater stirbt. Auf die Trauer folgte bald ein Ohnmachtsgefühl und Wut, denn ich durfte nicht zu meinem Vater gehen, um mich von ihm richtig als Tochter zu verabschieden - ich habe nicht erlaubt, dass die Wut mich übermannt, mich überwältigt und mich im Loslassen und Mitgefühl geübt. Es gab Momente, da war ich so im Nebel voller Unverständnis dem Ganzen gegenüber, da es für mich als Mutter undenkbar ist, dass so etwas geschieht? Aber soll ich am Leichnam meines Vaters Streit anfangen? Mein Recht einfordern, als einzige leibliche Tochter? Für mich war das keine Option und ich habe mich auf meine Weise vom Körper meines Vaters am nächsten Tag für 20 Minuten in der Halle verabschieden können. Es war aber nicht genug, nicht lange genug, ich hätte viel mehr Zeit gebraucht…. Und damit blieb eine Emotion bei mir haften:
Die Sehnsucht nach dem „sich richtig Verabschieden“ hat mich noch sehr lange in Form von Trauer und Verwirrung der Situation gegenüber begleitet. Wann immer sie kam, habe ich geweint, erlaubt, dass es mich jetzt wieder überwältigt und mit meinem Coach ausgemacht, wenn ich es alleine nicht aufgelöst bekomme, dann noch einmal mit seiner Hilfe hinzublicken. Das haben wir dann auch Monate später gemacht und es wurde leichter. Ich habe, für mich gefühlt, auf hohem Niveau Liebe, Mitgefühl, Anerkennung, Verständnis und Loslassen geübt, bin nicht in den Vorwurf gegangen, in den Hass und Distanz. Trauer und Sehnsucht blieb und diese Emotionen, die ganz zu mir gehörten habe ich bewusst immer wieder angeschaut.
Ich muss dazu sagen, dass der Körper meines Vaters der erste tote Körper war, den ich als Mensch berühren durfte. Ich habe meinen Vater am Herzen und Bauch mit meinen Händen berührt, um mich noch einmal von ihm zu verabschieden - und plötzlich seinen CranioSacralen Rhythmus gefühlt. Das hat mich wirklich geschockt, denn ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass so etwas geht. Mein Cranio Lehrer erzählte mir auf Nachfrage, dass er schon gehört hätte, dass man den Rhythmus nach 2-6 Stunden gespürt habe, aber fast 24 Std. später sei schon besonders.
Fast 11 Monate später, ich war in der Schweiz auf einer Fortbildung, komme ich ins Gespräch mit einer Dame, die dort im Hause arbeitet und gerade die Prospekthalter befüllte. Ich hielt ein Prospekt in der Hand von einem Seminar, dass ich im Herbst besuchen würde, um mich mit meinem eigenen Tod näher zu befassen, und sie meinte, dass wäre ein ganz tolles Seminar und schnell ausgebucht. Ich erklärte, dass ich schon einen Platz habe und anscheinend haben meine Mundwinkel gewackelt, weil ich in Gedanken wieder bei dem „sich nicht richtig verabschieden können von meinem Vater-Sehnsuchts-Gefühl „war. Aufmerksam wie die Dame war, sprach sie mich auf meinen Gefühlsausdruck an und ich erzählte alles und beim Erzählen wurde mir quasi erst 11 Monate nach dem Tod meines Vaters in der Tiefe bewusst, dass mein Vater gewartet hatte auf mich, um sich mit dem spürbaren CranioSacrlaen Rhythmus in seinem Körper von mir zu verabschieden. Mir wurde bewusst, dass es seine Art war mit mir in Verbindung zu treten, um Tschüss zu sagen als Vater in diesem Leben. Das hat mich wirklich wie ein Blitz getroffen in diesem Moment, ein Blitz der Erkenntnis und ich war dankbar eine so einfühlsame fremde Person mit mir zu haben, die mitgegangen ist. Und ich weiss nicht, ob ihr dieses Gefühl kennt, wenn sich etwas so richtig stimmig anfühlt, dann kommt so ein Gefühl der universellen Verbundenheit in Körper/Geist/Seele… es ist so ein warmes, tiefes Empfinden, ein Gefühl der Unendlichkeit, der Dankbarkeit, des Verbundenseins, des Vertrauens, als ob die Zeit anhält. Ich habe an diesem Abend sehr viel im Stillen für mich in meinem Zimmer geweint und habe das letztes Fünkchen Sehnsucht noch loslassen können. Mein Vater war nicht gläubig, war ein Ingenieur und Professor, und das, was ich machte war ihm suspekt. Er war informiert und belesen. Das vorletzte Mal, wo ich ihn gesehen habe, stellte er plötzlich den Sinn seines Lebens in Frage. Das war schon ein intensiver Moment, den eigenen Vater so zu sehen, der sein Leben lang sein Leben der Arbeit, dem Lesen, dem Erfolg, der Uni ,… gewidmet hatte und kurz vor seinem Ende alles in Frage stellte. Ich habe ihm damals gesagt, dass sein Leben sinnvoll ist, denn aus ihm bin ich, meine Tochter und mein Sohn entstanden. „Papa, ohne Dich kein wir“ hatte ich damals gesagt und mein Gefühl als Tochter war, dass er in diesem Moment losgelassen hatte, um den letzten Weg zu gehen. Er war sehr berührt, aber hatte es sich nicht anmerken lassen wollen. 10 Tage später ist er gestorben.
Heute gibt es oft Momente, in denen ich innehalte, in den Rückzug gehe, weil die Seele meines Vaters ganz nah scheint, dann fliessen auch manchmal Tränen – ein Trauerprozess dauert so lange er dauert. Mir wird immer mehr bewusst, was ich von ihm habe, so als ob, weil dieser Mensch Vater im irdischen Leben gegangen ist, dieses Feld sich noch einmal klarer öffnet, was geflossen ist, was weitergegeben wurde kommt mehr ins Bewusstsein – so erlebe ich es. Die Leere in meinem rechten Rücken hat sich mit einer anderen Form von väterlicher Präsenz gefüllt. Der Tod ist seit letztem Jahr so richtig in mein Lebensfeld gekommen durch den Tod meines Vaters, mein ganzes Bewusstsein, mein Empfinden hat sich verändert – ist weiter geworden. Eine Form von Verunsicherung ist auch dazu gekommen und diese werde ich mir im Herbst ganz bewusst anschauen.
Was hat diese Geschichte mit der Überschrift zu tun? Vieles! Ich hätte so richtig in Kampf und Verbitterung gehen können, mich im Opferdasein suhlen können, mich von der Wut und Ohnmacht übermannen lassen können. Nur mich und mein Ego sehen können. Nein, stattdessen habe ich mich geübt in Mitgefühl, Liebe, Loslassen und Präsenz. Anerkennen was ist im Hier und Jetzt und wenn negative Emotionen hochkamen, immer wieder darüber gesprochen, aus dem Körper rausgelassen und mich darum gekümmert klar bei mir zu bleiben und meins zu mir zu nehmen.
Wir dürfen „Nein“ zu den Dingen sagen, die uns als Kind nicht gutgetan haben, Abstand nehmen, Grenzen setzen. Das ganze „Ja“ – der Grundströmung des Lebens durch unsere Eltern, den Eltern gegenüber ist notwendig, da wir sonst einen Teil in uns ablehnen und dies unbewusst an unsere Kinder bzw. auch in die Partnerschaft weitertragen. Die Eltern zu würdigen für unser Dasein und gleichzeitig Klarheit und Abgrenzung als erwachsene Kinder zu leben. Dankbarkeit im Herzen zu tragen.
Wir wissen oft nicht warum diese oder jene Person so handelt, doch wenn wir es nicht schaffen in unserem eigenen Leben mit Mitgefühl, Liebe, Verbundenheit und innerer Präsenz Menschen zu begegnen und mit ihnen zu kommunizieren, und wenn nötig in neutraler Weise Schwieriges sachlich anzusprechen, werden wir ein Tank voll ungelöster angestauter negativer Emotionen, die sich massiv auf unseren Körper/Geist/Seele festsetzen können. Unser Leben ist zu kostbar, um in Verbitterung, Hass, Misstrauen, Angst, Vorwurf, Wut stecken zu bleiben. Wenn diese Emotionen kommen, schaue sie an, bleib mit ihnen, geh in die Tiefe und nehme Deinen Teil davon zu Dir, sprich liebevoll aus, wenn was ausgesprochen werden muss aus einem geklärten Zustand heraus. Und wenn es schief geht und in Emotionen endet, dann dürfen wir mit uns selbst Mitgefühl haben, mit uns selbst in Verbindung gehen und bleiben, uns anerkennen und haben immer die Möglichkeit uns zu entschuldigen und zu erkennen, was ich in Zukunft besser machen möchte und um Verständnis und Hilfe bitten, dass es auch gelingt.
„Ein Moment der Liebe
ist ein Moment der Ewigkeit.
Die Tiefe des Moments
ist so großartig,
dass die Zeit ihn nicht auslöschen kann,
obwohl die Liebe nur
in einem einzigen Moment da war.“
Ein kurzer Moment mit weiten Auswirkungen
„Das ist wie mit einer Frau, die schwanger wird:
Es geschieht nur in einem kleinen Moment, aber dadurch wird ein Kind geboren, das 70, 80, 90 Jahre lebt und wiederum andere Kinder gebären wird.
Dieser eine Moment mag zu einem Baum mit vielen Zweigen werden, und jeder Zweig verästelt sich in neue Zweige.“
„Ein Moment tiefer Liebe
geht so tief in dich hinein,
dass die Zeit ihn nicht auslöschen kann.
Er lebt weiter und weiter
und vervielfältigt sich in dir.
Deshalb ist ein Moment der Liebe
ein Moment der Ewigkeit.“
Osho, Zitat – Auszug aus Beyond Enlightenment #5
EIN GEBET
Traurigkeit und Wut, bitte vergib mir.
Ich bin vor Euch weggelaufen.
Ich stellte mir vor, dass Ihr "schlecht" seid.
Oder "ungesund". Oder "unspirituell".
Oder ein Zeichen von Schwäche.
Oder ein Fehler des "Egos" oder des "getrennten Selbst".
Oder beschämend.
Ich habe mich geirrt. Ihr seid das Leben selbst.
Ihr gehört dazu.
Ich verneige mich jetzt vor Euch.
Ich atme in Euch ein.
Ich gebe Euch den Atem.
Traurigkeit, du hilfst, mein Herz offen zu halten.
Du erinnerst mich in jedem Moment daran, loszulassen.
Du bist eine wunderschöne Erleichterung.
Du hilfst mir, mich mit Tod und Unbeständigkeit anzufreunden.
Wut, du erinnerst mich an meine Macht.
Du erhebst dich spontan, um den Organismus zu schützen.
Du hilfst mir, ohne Angst zu sprechen.
Sprich die Wahrheit. Sprich gegen die Lüge aus.
Gehe diesen Weg mit Mut.
Beschütze die, die ich liebe.
Traurigkeit und Wut, bitte vergib mir.
Ihr seid untrennbar mit der Heiligkeit verbunden.
Ihr seid jetzt zutiefst akzeptiert.
In meiner Weite.
- Jeff Foster