Zwischenräume – Zwischenraum
Ich bin immer noch in der Dimension der Zwischenräume unterwegs. Irgendwie lässt es mich seit Wochen nicht los. Es ist wie als ob das Wort Zwischenraum ständig vor meinem 3. Auge schwebt und ich meine Aura, meinen Raum um mich herum spüre.
Anfang Januar bin ich einkaufen gefahren und auf dem Weg dahin im Auto hatte ich für mich wie eine Eingebung des „sich wieder ein Stückchen besser erkennen/verstehen können“. Mit einer mir sehr lieben Freundin aus Dänemark kommunizierten wir fast nur noch versetzt per Sprachnachrichten. So konnten wir in Kontakt/Verbindung bleiben und unsere Neuigkeiten oder Gedanken austauschen. Auf dieser Autofahrt habe ich plötzlich eine total krasse Irritation in unserer Freundschaft gespürt und konnte das gar nicht erst einordnen. Dann kam wieder dieses Wort Zwischenraum in meinem Sinn und ich konnte es für mich fühlen, dass mir das Austauschen im Hier und Jetzt fehlt, dass für mich viel zu viel Zwischenraum – sogar zeitlich versetzter Raum – in unseren Sprachnachrichten liegt, dass ich innerhalb der Freundschaft jetzt einen einszueins Call brauche, um ohne einen/meinen Zwischenraum in Verbindung zu gehen – am besten noch per Video, um meine Freundin dabei auch sehen zu können. Ich konnte für mich die Nähe zu ihr nicht mehr so spüren. Es ist eine Freundin, der ich mich ganz zeigen und mitteilen kann – ohne dass Zwischenräume zwischen uns existieren – das war das nächste Gefühl, dass voller Dankbarkeit in mir hochkam. Dass ich Menschen in meinem Leben habe, denen ich mich authentisch zeigen kann und sie mir begegnen ohne, dass da ein Zwischenraum existiert.
Ja und witzigerweise lese ich dann meine eigenen geschriebenen Worte kurz darauf auf meiner eigenen Homepage beim Übersetzen ins Englische diese Zeilen:
In der Gewaltfreien Kommunikation gehen wir davon aus
• dass jeder Mensch ein Geschenk sein möchte für Andere und für die Welt
• dass es in der Natur des Menschen liegt, aus Freude heraus zu geben,
• dass alle Menschen die gleichen Bedürfnisse haben, nur unterschiedliche Handlungen wählen, um sich diese zu erfüllen (wenn auch manchmal auf tragische Weise)
• dass all unsere Handlungen ein bewusster oder unbewusster Ausdruck unserer Bedürfnisse sind
• dass jedes Bedürfnis dem Leben dient
• dass Leben bedeutet, all unser Lachen zu lachen und all unsere Tränen zu weinen...
• Voraussetzung dafür ist, in und zwischen uns und Anderen Räume zu entwickeln, in denen unser aller Gefühle und Bedürfnisse willkommen sind.
Stellt Euch einmal vor, ihr würdet diese aufgeführten Haltungen in jeder einzelnen Zellstruktur Eures Körpers zu jedem Zeitpunkt in Euch tragen und jedem einzelnen Menschen genau mit dieser Haltung begegnen und umgekehrt. Es würde trotz evtl. schwierigen Themen immer eine liebevolle zwischenmenschliche Verbindung und eine Achtsamkeit in der Kommunikation bestehen. Ein achtsamer Umgang mit Sprache und
Gedanken gegenüber sich und anderen schafft einen guten Boden für ein einvernehmliches Miteinander. Der Moment der Stille, in dem sich etwas bewegt, in dem die Entscheidung fällt, sich zu zeigen mit dem, was gerade wirklich da ist - egal ob das schön ist. In diesen Momenten wird der Zwischenraum gefüllt zwischen zwei oder mehreren Menschen, dann senkt sich eine tiefe Stille darüber..
Uns Menschen fällt es oftmals schwer sich so zu zeigen mit dem, was gerade wirklich ist oder in uns wirkt. Wie oft halten wir etwas zurück? Die momentane weltweite Situation verwandelt – so kommt es mir vor - Zwischenräumen manches Mal in richtig heftige Kluften, Kluften, die wahrscheinlich auch noch einmal von so vielen Zwischenräumen umgeben sind, dass eine wirkliche Begegnung fast nicht mehr stattfinden kann bzw. alles nur noch verwirrend, nebulös und ver-rückt ist.
Das hat natürlich seine Gründe bzw. Ursprünge – die gewaltfreie Kommunikation ist hier ein wirklich heilsames Hilfstool.
Faszinierend finde ich immer wieder zu erleben, wie in der phänomenologischen Arbeit in dem Raum/Feld quasi keine Zwischenräume/Dimensionen mehr existieren und dadurch dieser komplett weite Raum des anderen Blickwinkels auf die Dinge/Gefühle/Situationen/etc. sichtbar und vor allen Dingen in der Tiefe spürbar wird und zu Erleichterung und Klärung im System verhilft. MITGEFÜHL, EHRLICHKEIT und SELBSTWRIKSAMKEIT sind für mich die Eigenschaften, die zum auflösen von Zwischenräumen braucht.
Ich habe für mich erst letztes Jahr so richtig erkannt, dass ich in der Begegnung mit Männern (die ich interessant finde) einen Zwischenraum um mich herumtrage, der gekoppelt ist an einen tief sitzenden Glaubenssatz in mir, der heisst „ ich bin zu viel, ich bin nicht erwünscht und ich bin nicht interessant“. Auch das wurde mir wirklich bei dieser kurzen Autofahrt auf Zellstrukturebene in aller Deutlichkeit bewusst.
Interessant ist, dass dieser Zwischenraum ein Stück weit wegfällt in dem Moment, wenn der Mann mir signalisiert, dass er mich interessant findet oder in irgendeiner Form den ersten Schritt macht. Dann fällt vieles ab von mir und ich kann mich authentisch, ein bisschen leichter zeigen. Eine Freundin hatte mich nämlich gefragt „Alexandra, bist Du eine Frau die angesprochen werden muss oder die aktiv anspricht wenn ihr ein Mann gefällt?“ Ich musste bis jetzt in meinem ganzen Leben angesprochen werden.
Ich habe dann, nachdem mir meine Freundin diese Frage gestellt hatte, noch einmal wirklich reingespürt warum das so ist und mir vorgestellt z.B. einen interessanten Mann zu besuchen ohne zu wissen, was er denkt/fühlt. Wenn die Alexandra durch die Tür geht, ihr Interesse zeigen würde ohne zu wissen, was der Mann fühlt – puh, dann fühlt es sich an wie ein großer schutzloser endloser Raum ohne Halt! Ein Raum in dem ich mich verliere und der sich für mich gefährlich darstellt und keinen Schutz bietet in diesem Moment und ein fast nebulöses Gefühl mit einhergeht! Dies noch einmal in aller Deutlichkeit für mich zu erkennen ist so heilsam und gut. D.h. in diesem Fall gibt es plötzlich gefühlt keinen Raum mehr und es gibt eine Tendenz des „Sich-Verlierens“.
Wie viel Zwischenräume können entstehen um uns herum und fallen weg, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Es hat wirklich Freude bereitet darüber zu meditieren und vieles zu erkennen.
Dann galt es dieses Gefühl dieses unendlich weiten schutzlosen Raumes zu erkunden, Klarheit zu erhalten und damit Ressourcen und Beruhigung aufbauen. Das ist Trauma-Arbeit, die ich für mich selbst ständig anwende.
Für mich heisst es in diesem Jahr meine Komfortzone verlassen, es auszuprobieren bewusst in diesen gefühlt schutzlosen Raum einzutreten, der sich am Ende dann ganz anders entpuppt vielleicht. D.h. meine durch Traumata entstandenen Zwischenräume wieder ein Stückchen weiter zu erkunden und aufzulösen. Ich werde ganz mutig ansprechen und wieder ein Stück ent-wickeln und wenn nötig mich zurückziehen, an-halten, mich fest-halten Grenzen ziehen/Zwischenräume bilden, wenn nötig. Das hat was Aufregendes, aber auch Beklemmendes, die Vielfalt des Lebens und der Begegnungen und Erfahrungen.
Ist es nicht ein Geschenk für jeden einzelnen von uns, wenn uns Menschen auf unserem Weg begegnen, die uns so ganz ohne Zwischenraum im Hier und Jetzt begegnen und sich zeigen mit alldem was gerade wirkt? Oder mit denen wir gemeinsam erkunden können unsere Zwischenräume zu spüren und erkennen - alte, neue, festgefahrene, nebulöse, traumatöse, erschütternde, traurige, verbitterte, verletzte, liebevolle, grenzengebende, wütende, und und und.
Und in diesen Begegnungen all unser Lachen zu lachen und unsere Tränen zu weinen.
Mit der Somatischen Aufstellungsarbeit / Primal Play tauchen wir genau darin ein – in authentische Begegnungen, um uns selbst, unser Nervenkostüm, unsere Gefühle, unsere Grenzen noch mehr kennenzulernen, Raum zu geben und zu beruhigen und zu heilen – unsere eigenen Zwischenräume in der Tiefe zu erspüren und in diese einzutauchen. Und zwar in einem GESCHÜTZTEN RAUM.
Denn…
„Der Moment der Stille, in dem sich etwas bewegt, in dem die Entscheidung fällt, sich zu zeigen mit dem, was gerade wirklich da ist - egal ob das schön ist. In diesen Momenten wird der Zwischenraum gefüllt zwischen zwei oder mehreren Menschen, dann senkt sich eine tiefe Stille darüber..“